Hörspiel-Typ - Vinyl über MC bis zum Streaming

Nach dem Spielen mit den Freunden schnell noch eine Kassette ausleihen. Zum Einschlafen die Kassette aus der Hülle nehmen und in den Rekorder einlegen. Nach der Hälfte der Geschichte endet die erste Seite und es macht "Klack". Aber kein Problem, das hören wir nicht mehr, denn wir schlafen schon. Dann hören wir den Rest der Geschichte halt am nächsten Tag nach der Schule - und vielleicht zur Sicherheit die erste Seite gleich nochmal.

So war "Hörspiel-Hören" als "Kassetten-Kind". Ähnlich auch als "Schallplatten-Kind". Heute werden Hörspiele ganz anders gehört und auch auf vielen verschiedenen Wegen:

1. Der "Oldie" hört nachwievor Kassetten und freut sich tierisch, dass Hörspiele das Einzige sind, was noch brav auf MC erscheint.

2. Der "Retro-Typ" genießt die Exklusivität ein neues Hörspiel auf Vinyl sein Eigen nennen zu dürfen. Dieser Typ legt mit Genuß die neue Scheibe der "alten" Technik auf und genießt jedes Knacken, dass ihm sagt, "ja du bist von gestern" und kannst stolz darauf sein, ein Teil dieser Generation zu sein.

3. Der "CD-Typ" bringt auch heute noch die Eltern in regelmäßigen Abständen auf die Palme, wenn wieder mal die CD nicht in die richtige Hülle gelegt wird. Wenn wieder mal die kleinen Nasen in der Hülle abgebrochen sind oder wenn die CD doch wieder ohne Hülle auf den Boden gelegt wird. So sammeln sich auf dem Silberling nach und nach nicht nur viele Fingerabdrücke an, sondern langsam auch der ein oder andere Kratzer. Neidisch wird der "CD-Typ" nur, wenn er erfährt, dass es jetzt nach über 35 Jahren tatsächlich einen CD-Player für zu Hause gibt, der sich merkt wo man war. Bisher war ja nur die Autoindustrie auf diese glorreiche Funktion gekommen. Es ist halt nie zu spät für eine technische Revolution.

4. Der "MP3-Kandidat" freut sich über eine übergroße Anzahl an mehr schlechten als rechten digitalisierten Hörspielen. Es dauerte auch etwas bis auch dieser Typ erkannt hat, dass ein CD-Player mit MP3 zwar toll erscheint, aber in Wahrheit unpraktisch in der Bedienung ist. Der Stolz über die große Anzahl an Dateien bringt nichts, wenn man sie mit einem Display abrufen möchte, dass lediglich über zwei Ziffern verfügt. Und nur wenige Mamut-Hörspiel-Projekte haben es auf eine MP3-CD zur Veröffentlichung geschafft.

5. Der "Tonie-Figuren-Jongleur" brachte überraschender Weise Bewegung ins Kinderzimmer. Bisher haben es nur die Ü-Eier geschafft, mehrere Substantive zu befriedigen. Jetzt können Kinder mit "Hörspielen" sogar tatsächlich so richtig spielen. Die Bedienung ist unschlagbar einfach geworden. Der Preis dafür aber auch unschlagbar hoch.

6. Deshalb warten "Tonie-Klone" nicht lange. Viele gelungene Experimente mit den verschiedensten Mikrocomputern wie Raspberry Pi und Mikrocontrollern zeigen, was alles möglich ist. Aber nicht alles Machbare macht Hörspiel-Hören wirklich einfacher. Überzeugend ist z.B. die "TonUINO-Box", die mit einfachen Mitteln schlicht funktioniert und Einfachheit ins Kinderzimmer bringt. Ein Bastelprojekt für die Größeren, damit diese etwas Praktisches für die Kleineren bauen können.

7. Die "Download-Könige" schauen heute mit einem weinenden und einem leuchtenden Auge auf die "Streaming-Prinzen". Zu den Download-Königen zählt auch - ob gewollt, genutzt oder keins von beiden- Auto-Rip. Die gekauften Downloads waren zwar Up-To-Date und boten in bester Dateiqualität alle Möglichkeiten der digitalen Welt, aber lagen preislich viel zu nah an den haptischen Gegenspielern wie CD, MC und sogar Vinyl.

8. "Streaming-Prinzen" wirbeln den Markt durcheinander. Mit verhältnismäßig geringem monatlichem Budget steht der Hörerschaft das gesamte Repertoire der Hörspielwelt zur Verfügung. Kein Platz in der Wohnung geht verloren. Zum Vererben wird allerdings auch nichts mehr da sein. Zugriff jeder Zeit. Sogar alle Neuerscheinungen sofort verfügbar, ohne dafür ein Geschäft aufsuchen zu müssen. Ja, es kann schade sein, wenn Rituale zu Grabe getragen werden. Wer jetzt denkt, es gibt nichts mehr, worüber man sich ärgern könnte, liegt falsch. Apps, die vergessen, wo man war. Ladezeiten, die für den heutigen technischen Stand viel zu lang sind. Offline-Flecken auf der Landkarte, oder auch Apps, die noch nichts von einem Cache gehört haben. Der Ärger über unausgereifte Apps bleibt wohl noch lange bestehen, wenn nicht mal endlich ein pfiffiger Nerd kommt und den "Großen" zeigt, dass es auch besser geht. Wer mal zusammenrechnet, was über ein Menschenleben so monatlich in Summe an Geld zusammenkommt, wird sicherlich auch merken, dass mit dieser Investition eine extrem große Hörspielsammlung zusammen kommen würde. Durch Streaming wird sie aber nie zum Eigentum. Komfort statt Ballast.

Fotos: pexels.com

Verfasser: Malte Köhne, 01/2020

 
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 Ich höre Hörspiele lieber als Stream, finde es sollte jedem selbst überlassen sein, wie und mit welchem Medium man es hört und habe auch gar nicht soviel Platz für viele CDs. Ich finde Stream praktischer und platzsparender, da zahle ich dann gerne die 10 Euro für einen Streamingdienst und kann soviele Hörspiele hören, wie ich will, auch wenn es evt. den Nachteil hat, dass sie manchmal aus dem Stream verschwinden.

Sepithane  23.02.2020 10:53

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 Wir hören unsere Hörspiele NUR auf MC oder CD!!!.

Wir wollen das Original in der Hand halten und halten nichts von Streaming, Download und Co., denn ein Hörspiel muß ganz klassisch auf älteren Mediums sein und das Label, was das nicht kapiert und seine Hörspiele NUR auf modernen Mediums veröffentlicht, wird eben NICHT unser Freund!!!.

Ein Glück, dass unser Lieblingslabel EUROPA, seine Hörspiele auch noch schön klassisch auf MC ( leider nur noch "Drei ???" ) und CD ( alle Serien ) veröffentlicht!!!.

Gunther Rehm und Ele  27.01.2020 07:57

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Die DIY-Hörspiel-Box: Hörspielland Play
Basierend auf einem Raspberry Pi (Zero), spielt diese Lautsprecher-Box Hörspiele per RFID-Karte ab ....

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